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Wilder Streik: Definition und Grundlagen

Unter einem wilden Streik versteht man einen Streik, der nicht von einer Gewerkschaft organisiert und ausgerufen worden ist. Der wilde Streik ist in Deutschland rechtswidrig, d.h. die Streikenden verstoßen dadurch, dass sie die Arbeit niederlegen, gegen ihren individuellen Arbeitsvertrag.

Gewerkschaften sehen wilde Streiks kritisch, da sie sich ihrer Kontrolle entziehen. Auf der anderen Seite können die Gewerkschaften diese Art von Streik nachträglich legitmieren, zum Beispiel indem die Forderungen der Streikenden in ihre Tarifforderungen aufgenommen werden oder indem auf ein vorzeitiges Auslaufen von Tarifverträgen gedrängt wird. Der Streik darf nicht gegen tarifliche Verpflichtungen verstoßen und keine unerlaubte Handlung nach §§ 823 ff. BGB beinhalten. Im Jahre 1955 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass im Fall einer nachträglichen Legitimation durch die Gewerkschaftauch eine fristlose Kündigung der streikenden Arbeitnehmer unzulässig ist.

Folgen für die Streikenden

Der Arbeitgeber hat generell bei wilden Streiks das Recht zur Abmahnung. Die Streikenden haben kein Recht auf Lohnauszahlung durch ihren Betrieb. Bei Fortsetzung des Streiks kann es zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, ggf. auch zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung kommen.

Abgrenzung zum regulären Streik

Der reguläre Streik wird von der Gewerkschaft organisiert und zeichnet sich durch eine vorübergehende Arbeitsniederlegung der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer eines Betriebes aus. Er ist ein gesetzlich zulässiges Mittel der Gewerkschaft, um arbeitsrechtliche Forderungen, wie Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitverkürzung, durchzusetzen. Hierbei gilt der Streik als legitim, der von der Gewerkschaft – nach nicht erfolgreich verlaufenen Tarifverhandlungen – zwischen ihnen und den Arbeitgebern organisiert wird.

Die gesetzliche Grundlage für das Streikrecht ist im deutschen Grundgesetz verankert. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit beinhaltet auch das Streikrecht der Gewerkschaften (Art. 9 Abs. 3 GG). Ansonsten hätte die Gewerkschaft als Tarifvertragspartei kein wirkungsvolles Mittel, um mit den Arbeitgebenden in Verhandlungen zu treten.

Historische Beispiele für Wilde Streiks

Als ein Beispiel aus der Vergangenheit sind die wilden Streiks bei Ford in Köln und bei den Pierburg-Werken in Neuss im Jahre 1973 zu nennen. Hier sind es vor allem sogenannte Gastarbeiter/innen, die streiken.

Bei Ford legten Gastarbeiter aus der Türkei, Italien und dem ehemaligen Jugoslawien für eine Woche ihre Arbeit nieder. Sie forderten höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen, darunter fällt auch die Akkordarbeit, gegen die sie ankämpften. Leider bekamen sie keine Unterstützung von ihren deutschen Kollegen, die oft in den Gastarbeitern Konkurrenten sahen. Auch das Unternehmen selbst machte keine Zugeständnisse. Mit Gewalt wurde der wilde Streik beendet.

Bei den Pierburg-Werken gingen insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund in den wilden Streik. Doch verlief hier der Arbeitskampf für die Streikenden positiv, denn das Unternehmen scheiterte sogar vor Gericht. Auch einige deutsche Kollegen standen hinter den Frauen. Es war der erste Frauenstreik. In der Folge wurde den Arbeiterinnen ihre geforderte Gehaltserhöhungen zugestanden.

Ein weiteres Beispiel für einen wilden Streik in der jüngeren Vergangenheit ist der Streik bei der Airline TUIfly im Jahre 2016 gewesen. Die Airline wollte umstrukturieren und viele aus der Belegschaft meldeten sich plötzlich krank. Flüge fielen aus oder wurden verschoben. Dies brachte dem Unternehmen hohe finanzielle Einbußen und schadete seinem Image.

Man kann in diesem Zusammenhang von einem wilden Streik sprechen, da die erkrankten Angestellten sofort wieder zum Dienst erschienen, nachdem der Betrieb seine Sparpläne zurückgenommen hatte.

Streikrecht in anderen europäischen Ländern

Das Streikrecht, wie es in Deutschland realisiert wird, wird europaweit kritisiert. Dieses ist im Zusammenhang mit einer Regelung in der Europäischen Sozialcharta zu betrachten. Der Vertrag ist aus den 1960er-Jahren. In diesem ratifizierten die europäischen Nationen auch eine Bestimmung zum Streikrecht der Arbeitnehmenden. Gewerkschaften werden in diesem Zusammenhang nicht genannt. In Frankreich zum Beispiel dürfen auch Arbeitnehmende einen Streik organisieren.

Fazit

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein wilder Streik ein Streik ist, der nicht von einer Gewerkschaft organisiert wurde und daher rechtswidrig ist. Gewerkschaften betrachten wilde Streiks kritisch, da sie sich ihrer Kontrolle entziehen. Dennoch können Gewerkschaften diese Streiks nachträglich legitimieren, indem sie die Forderungen der Streikenden in ihre Tarifforderungen aufnehmen. Eine fristlose Kündigung der streikenden Arbeitnehmer ist in solchen Fällen nicht zulässig. Für die Streikenden können allerdings Abmahnungen, Kündigungen und Schadensersatzansprüche die Folge eines wilden Streiks sein.

Litaratur

  1. Stange, Jennifer: „Die wilden Streiks von 1973 – Wie Gastarbeiter für faire Behandlung kämpfen“, SWR/Wissen 28.06.2023.
  2. Braeg, Dieter (Hrsg.): Wilder Streik – das ist Revolution. Der Streik der Arbeiterinnen bei Pierburg in Neuss 1973. Die Buchmacherei 2012.

Bildnachweis: ©Pixabay

Porträtfoto von der Journalistin Carolin Fischer

Carolin Fischer ist Gründerin des Online-Magazins Karriere NOW, selbstständige Journalistin und spezialisiert auf die Themen Karriere, Softskills, Selbstmanagement und Business. Zuvor hat die Kommunikationsexpertin bei der Süddeutschen Zeitung in München gearbeitet und für ein Politmagazin des ZDFs.

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