Im Interview zum Thema ResilienzDr. Beate Schütz: „Versuchen Sie, dass Sie in eine physische und psychische Balance kommen“

Karriere-now: Frau Dr. Schütz, Sie betreiben die Coaching-Werkstatt und coachen seit einigen Jahren Personen, die sich in beruflichen und privaten Umbruch- und Neuorientierungssituationen befinden. Menschen, mit welcher Art von Umbruch- und Neuorientierungssituationen kommen zu Ihnen?

Dr. Beate Schütz: Führungskräfte, die Karrieren in Bezug auf ihre persönliche Weiterentwicklung planen, wollen oftmals eine dialogische Klärung ihrer Wünsche. Man möchte alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, die mit einem Wechsel einhergehen können und auch die Potenziale entsprechend beleuchtet sehen. Meist handelt es sich ja um Lebensentscheidungen, die nicht nur die eigene Person betreffen, sondern auch die des (Lebens-) Partners oder der kompletten Familie. Lebensziele, um Alternativen zu dem gedachten Karriereschritt oder einfach um die Frage: „Was will ich noch in meinem Leben erreichen, was habe ich noch vor?“

Manche Personen kommen mit einem eher diffusen Anliegen. Diese Menschen sind mit ihrem Leben und ihrer beruflichen Position einerseits zufrieden, andererseits aber spüren sie, dass eine neue Herausforderung sie reizen würde. Sie sind meist in ihrer Position etabliert, angesehen, wünschen sich aber einfach eine neue spannende Aufgabe. Sie sind meist offen für neue Wege und dies macht das Coaching spannend und interessant.

Karriere-now: Die Corona-Zeit hat auch den Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge. Haben Sie auch hier einen Ansatz im Coaching?

Dr. Beate Schütz: Hier beginnt die Beratung zunächst im Einzelgespräch damit, dass die betroffene Person zunächst mal den Schreck der Kündigung überwinden kann. Die Tatsache, im Coaching in einem vertrauensvollen Setting die eigenen Ängste äußern zu dürfen, den ersten Schock zu überwinden, ist oftmals schon hilfreich.

Im zweiten Schritt gilt es dann, die eigene Situation zu beleuchten, die Realität anzunehmen und sich der eigenen Stärken bewusst zu werden. Häuftig ist es ja so, dass jemand bereits Jahre in einer Position verbracht hat und andere Bereiche keine Berücksichtigung mehr fanden. Hier gilt es, genau auszuloten, welche Potentiale vorhanden sind und welche neuen Felder sich ergeben können. Die Frage lautet : Welcher meiner Fähigkeiten, die ich bisher nicht sah, sind vorhanden und nutzbar?

Dies ist für mich auch immer etwas besonderes, wenn wir dann im Coaching Chancen/ Arbeitsfelder entwickeln, die ohne eine Kündigung sich niemals gezeigt hätten. Klienten berichten später, dass die Bewältigung dieser Krise zu einer besseren Zufriedenheit in ihrem Leben führte und sie über mehr Selbstwert verfügen. Die Krise hat sie gestärkt.

Karriere-now: Stichwort Burnout – jeder zweite Bundesbürger fühlt sich von Burnout bedroht – laut Ärzteblatt. Was sind Ihrer Meinung die häufigsten Ursachen?

Dr. Beate Schütz: Menschen, die unter einem Burnout – Syndrom leiden, engagieren sich sehr für ihre Arbeit, sind interessiert, mit Leidenschaft dabei. Oftmals ist die Arbeit eine Art  Lebenselixier für sie und sie spüren nicht, dass der Akku leerer und leerer wird. Hat das Burnout-Syndrom sie erwischt, so berichten sie, dass sie unter einer Erschöpfung leiden, Schlafstörungen haben oder innerlich sehr angespannt sind. Meist dauert dieser Zustand bereits schon Monate an. Mögliche Ursachen können des Weiteren auch chronische Infekte, Hormonstörungen, einseitige Ernährung, anhaltende, nicht bewältigte Konflikte und Stresssituationen usw. sein. Es kommt durch die Erschöpfung zu einem Leistungsabfall und einem Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit.

Karriere-now: Wie sind Ihre Ansätze beim Coachen?

Dr. Beate Schütz: Ich nehme mir im Coaching Zeit um zu klären, ob es sich um einen (beruflichen oder privaten) Konflikt handelt, eine Stresssituation aktuell vorliegt oder ob eine weitergehende ärztliche Behandlung erforderlich sein könnte.

Geht das Burnout mit einem Gefühl der Erschöpfung einher, fühlt jemand keinen Sinn mehr im Leben, ist mutlos und ohne Perspektive, ist hier mein Ansatz inne zu halten, die eigene seelische Gesundheit zu stärken und den subjektiven Stress abzubauen. Lohnenswert ist es auch, die eigene Person in den Blick zu nehmen, Selbstfürsorge zu betreiben, den weiteren Weg in eine Depression zu verhindern.

Karriere-now: Und wie stärkt man am besten die eigene Resilienz?

Dr. Beate Schütz: Indem ich mir als Person meine Stärken bewusst mache, meine Schwächen selbstbewusst akzeptiere, die Verantwortung für mein Handeln übernehme und mich eines sozialen Umfelds bediene, dass mir wohlgesonnen ist. Damit ist auch gemeint, dass ich mich von Personen eventuell trenne, die meinen Vorstellungen und Werten konträr laufen und meine positive Grundstimmung torpedieren.

Karriere-now: Wie sieht für Sie eine gute Work-Life Balance aus?

Dr. Beate Schütz: Von einer gelungenen Work-Life-Balance kann man meines Erachtens sprechen, wenn ich mit meinem Berufs- und Privatleben in einer Balance bin. Habe ich neben meiner beruflichen Auslastung genügend Zeit für private, soziale Kontakte, für Sport und Entspannung, so wird es mir gelingen, mein Leben positiv zu gestalten . Wichtig ist auch, dass man die Ziele, die man sich setzt einer realistischen Prüfung unterzieht, damit sie auch erreichbar sein können.

Karriere-now: Was sind Ihrer Meinung die größten psychischen Belastungen in der Corona-Zeit für Angestellte und Freiberufler?

Dr. Beate Schütz: Die Pandemie hat dazu geführt, dass einerseits das Home-Office überhaupt in seiner jetzigen Form möglich wurde. Anderseits beklagen Mitarbeiter eine gewisse Einsamkeit. Es fehlen die Kollegen, ein Austausch mit der Kaffeetasse in der Hand kann nicht mehr stattfinden, die strukturellen Veränderungen haben Ängste geschürt und insbesondere bei Menschen, die ein (beginnendes) Suchtproblem haben, sind die Kontrollfunktionen entfallen und der Suchtkonsum kann im gewissen Sinne ungehemmt gesteigert werden.

Eltern, die schulpflichtige Kinder haben und neben der Bewältigung der eigenen beruflichen Aufgaben im Home-Office auch noch ihre Kinder motivieren sollen für die Schule zu lernen, eine Tagesstruktur für diese Kinder (und oftmals auch für sich selbst) entwickeln sollen und versuchen, kein Chaos aufkommen zu lassen, sind oftmals nochmals besonders gefordert.

Karriere-now: Thema Sucht – wie coachen Sie Menschen, die ein Suchtproblem haben?

Dr. Beate Schütz: Zunächst ist es wichtig, dass die betroffene Person selbst eine Einsicht in ihr Suchtverhalten hat. Im weiteren Verlauf wäre zu prüfen, welche ambulante bzw. stationäre Therapieform infrage kommt, die eine Entwöhnung ermöglicht. In der Sucht gehen die Selbstregulierungselemente weitgehend abhanden, die für ein erfolgreiches Coaching erforderlich sind.

Karriere-now: Haben Sie einen Tipp, mit welcher Einstellung Menschen im Berufsleben in einen weiteren Corona-Winter gehen sollten?

Dr. Beate Schütz: Versuchen Sie, dass Sie in eine physischen und psychische Balance kommen. Falls Ihnen dies alleine nicht gelingt, suchen Sie sich Hilfe.

Foto/Thumbnail: @Pixabay.com

Über den Autor Dr. Beate Schütz

Dr. Beate Schütz aus Lemgo arbeitet als Coach für Personen und Organisationen. Sie ist darauf spezialisiert, Menschen in privaten und beruflichen Neuorientierungs- und Umbruchsituationen zu unterstützen und zu begleiten. www.coaching-schuetz.com

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