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Assessment-Center: Ablauf, Aufgaben und Vorteile im Bewerbungsprozess

Ein Assessment-Center ermöglicht es Unternehmen, geeignete Führungskräfte gezielt auszuwählen. Erfahren Sie, welche Methoden angewendet werden, welche Aufgaben auf Sie warten und wie Sie sich optimal auf dieses Auswahlverfahren vorbereiten können.

Was ist ein Assessment-Center?

Ein Assessment-Center ist ein strukturiertes Auswahlverfahren, das insbesondere zur Beurteilung von Bewerbern für Führungspositionen eingesetzt wird. Durch verschiedene Tests und Simulationen soll das Potenzial der Teilnehmer bewertet werden, um eine fundierte Personalentscheidung treffen zu können. (1)

Assessment-Center sind mittlerweile ein fester Bestandteil der Mitarbeiterrekrutierung und werden immer häufiger eingesetzt – selbst für Praktikanten. Unternehmen wollen und können es sich nicht mehr leisten, leistungsschwache Mitarbeiter durchzuschleppen. Daher sind strukturierte Verfahren, die das wirkliche Potenzial und die Eignung der Bewerber erfassen, sehr wichtig geworden. (2)

Wie läuft ein Assessment-Center ab?

Damit ein Assessment-Center effizient und zielführend gestaltet wird, sind einige Faktoren zu berücksichtigen:

  • Die Veranstaltung sollte an einem passenden Ort mit ausreichend Platz für Gruppensitzungen, Einzelgespräche und Präsentationen stattfinden.
  • Die Teilnehmerzahl liegt idealerweise zwischen vier und zwanzig Bewerbern.
  • Je nach Umfang des Verfahrens werden einer oder mehrere Moderatoren und einige Beobachter eingesetzt.
  • Die Auswahl der Prüfmethoden orientiert sich an den spezifischen Anforderungen der ausgeschriebenen Position.
  • Beobachter sollten aus der Unternehmenspraxis stammen, um eine realistische Bewertung der Kandidaten sicherzustellen.

Der Schwerpunkt des Verfahrens liegt auf praxisnahen Tests und Simulationen, die berufsrelevante Situationen nachbilden. Dabei werden sowohl fachliche als auch soziale Kompetenzen geprüft.

Wichtige Aufgaben im Assessment-Center

Die verschiedenen Tests innerhalb eines Assessment-Centers lassen sich in drei zentrale Kategorien unterteilen:

1. Analyseaufgaben

Diese Aufgaben messen das analytische und strategische Denkvermögen der Bewerber.

  • Fallstudien: Die Teilnehmer bearbeiten schriftliche oder mündliche Szenarien für sich oder in der Gruppe, die komplexe Entscheidungsfindung erfordern. Oft sind es Organisationsprobleme bezogen auf die Stelle, für die man sich bewerbt. Wenn Sie sich beispielsweise für eine Marketingposition bewerben, ist es naheliegend, dass sich die Fallstudie auf das Marketing bezieht. In einem Gespräch oder in einer Präsentation wird die Fallstudie später den Beobachtern vorgestellt.
  • Postkorb-Tests: Die Bewerber schlüpfen hierbei in die Rolle einer Führungskraft. Sie stehen unter Zeitdruck, zum Beispiel – so könnte die Aufgabenstellung lauten – wenn man sich zwischen zwei wichtigen, großen Meetings befindet. Sie müssen in dieser Zeit eine große Menge an Informationen (in Form von Schriftstücken oder Mails) priorisieren und schnell Entscheidungen treffen.
  • Datenanalyse: Tabellen, Diagramme und Zahlen werden interpretiert, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Auch hier ist Analysefähigkeit und Genauigkeit gefragt.(3)

2. Teamarbeit & soziale Kompetenz

Ein zentraler Bestandteil ist die Zusammenarbeit innerhalb einer Gruppe. Dabei stehen folgende Fragen im Fokus:

  • Wie gut kommunizieren die Teilnehmer?
  • Wie setzen sie sich in Diskussionen durch?
  • Können sie Konflikte lösen und Kompromisse finden?

Häufig eingesetzte Methoden sind:

  • Gruppendiskussionen: Diese zählen auch zu den typischen Aufgaben in einem Assessment-Center. In den meisten Fällen sind Sie Teilnehmer einer führerlosen Diskussion ohne Rollenvorgabe. Das Thema ist betrieblich oder gesellschaftlich verankert. Die Bewerber tauschen Argumente aus und müssen gemeinsam Lösungen erarbeiten. Es wird bewertet, wer beispielsweise die Führungsrolle einnimmt oder wer eine konstruktive Lösung herbeiführt.
  • Rollenspiele: Simulationen von Kundengesprächen oder Führungssituationen geben Aufschluss über die Persönlichkeit und Interaktionsfähigkeit der Kandidaten. Der Gesprächspartner beim Rollenspiel ist fast immer einer der Beobachter. Ihre sozialen Kompetenzen und ihr Leistungs- und Führungsverhalten sind hierbei gefragt.

3. Präsentationen & Selbstüberzeugung

In vielen Assessment-Centern müssen Bewerber eine kurze Präsentation halten. Diese wird sehr häufig verlangt. Zum Beispiel könnten die Aufgabe lauten: „Stellen Sie sich anhand Ihres Lebenslaufes mit Ihren Stärken vor“. Der Umgang mit Präsentationstechniken und -medien ist hierbei selbstverständlich. Dabei wird bewertet:

  • Wie strukturiert ist der Vortrag?
  • Wie überzeugend tritt der Bewerber auf?
  • Kann er seine Argumente klar und verständlich formulieren?

Die Aufgabe testet nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch das selbstbewusste Auftreten unter Druck. Hier sind einige beispielhafte Aufgaben, die häufig in einem Assessment-Center vorkommen.

Wer sind und was machen die Beobachter?

Häufig sind als Beobachter Abteilungs- oder Bereichsleiter und Beschäftigte der Personalabteilung anwesend. Manchmal sind auch unternehmensfremde Beobachter beteiligt. Dies wird allerdings kritisch beäugt, da sie oft keine wirklichen Kenntnisse über das Unternehmen selbst besitzen. Als Moderator setzt man häufig einen Psychologen ein.

Alle Beobachter bekommen pro Übung bestimmte Teilnehmer zugeordnet, über die sie währenddessen ein Protokoll verfassen muss. Bei der nächsten Übung sind ihm dann andere Bewerber zugeordnet, so dass jeder Teilnehmer dann insgesamt von jedem Beobachter einmal analysiert wurde.

Jede Übung hat bestimmte Anforderungskriterien. Sind die Übungen beendet, müssen die Beobachter Kurzgutachten erstellen. Diese werden aus verbalen Beurteilungen und Noten zusammengesetzt. Sie sind Grundlage der Endgutachten, die man am Ende in Absprache aller Beobachter über jeden Teilnehmer erstellt.

Wofür wird ein Assessment-Center eingesetzt?

Assessment-Center werden in verschiedenen Bereichen genutzt: (4)

  • Personalauswahl: Sie helfen Unternehmen, die besten Talente objektiv auszuwählen.
  • Mitarbeiterentwicklung: Auch für interne Beförderungen oder Potenzialanalysen sind sie ein wertvolles Instrument.
  • Führungskräfteentwicklung: Unternehmen nutzen Assessment-Center, um Führungskompetenzen gezielt zu fördern.

Wie können Teilnehmer Beobachter beeinflussen?

Auch wenn die Beobachter im Vorfeld auf typische Beobachterfehler geschult werden, sind auch Sie nicht davor gefeit, Fehler bei der Beurteilung der Teilnehmer zu machen. Wie können Bewerber diese für sich nutzen? Anbei ein paar Beispiele:

  1. Positions-Effekt: Oft ist es der erste und der letzte Eindruck, der den Beobachtern von Ihnen im Gedächtnis bleibt. Deswegen: Seien Sie freundlich und engagiert am Beginn der Veranstaltung, auch den Beobachtern gegenüber, und erklären Sie am Ende des Assessment-Centers, wie erfreut Sie über den angenehmen Kontakt waren. Diese Gesten sind wichtig für Ihre Beurteilung.
  2. Symptahie-Effekt: Wirken Sie durch die ganze Veranstaltung hinweg freundlich und den Beobachtern zugewandt und sprechen Sie in Pausen mit ihnen, so können Sie Pluspunkte sammeln. Sympathische Menschen bevorzugt man eher in seinem Team, als unsympathisch wirkende.
  3. Ähnlichkeitsfehler: Personen, die einem ähneln, bevorzugt man gegenüber anderen, die sehr viel unterschiedlicher als man selbst ist. Daher: Nehmen Sie den Kleidungsstil des Unternehmens an und kopieren Sie den Sprachstil der Beobachter. Das wirkt sich positiv auf Ihr Urteil aus.
  4. Reihenfolge-Effekt: Wenn Sie beispielsweise eine Präsentation vorstellen sollen, lassen Sie ruhig den anderen Kandidaten den Vortritt. Denn oft bleiben die Teilnehmer in Erinnerung, die erst kürzlich präsent waren. Außerdem glauben viele Beobachter, dass oft noch bessere Kandidaten folgen und sind zu Beginn einer Übung erstmal abwartend mit ihrem Urteil.

Herausforderungen und Kritik am Assessment-Center

Obwohl Assessment-Center als effektives Mittel zur Bewerberauswahl gelten, gibt es auch Herausforderungen:

  • Momentaufnahme: Die Ergebnisse spiegeln oft nur die Leistung eines einzelnen Tages wider.
  • Nervosität: Starker Druck kann das wahre Potenzial eines Bewerbers verschleiern.
  • Vorbereitungseffekt: Viele Teilnehmer bereiten sich intensiv auf Assessment-Center vor, wodurch das Ergebnis beeinflusst werden kann.

Fazit: Ist das Assessment-Center die beste Wahl?

Ein Assessment-Center bietet eine fundierte Entscheidungsgrundlage für Personalverantwortliche. Es ermöglicht eine realistische Einschätzung der Bewerber in praxisnahen Situationen und reduziert das Risiko von Fehlentscheidungen. Trotz einiger Kritikpunkte bleibt es eines der effektivsten Verfahren zur Auswahl und Entwicklung von Fach- und Führungskräften.

Wenn Sie nicht für die ausgeschriebene Stelle ausgewählt worden, kann es durchaus sein, dass man Sie für eine andere Stelle im Unternehmen vorsieht und Sie später darauf angesprochen werden. Falls auch dies nicht der Fall ist, nehmen Sie die Erfahrungen, die Sie gemacht haben, mit zu Ihrer Einaldung ins nächste Assessment-Center oder mit zu Ihrer folgenden Stelle.

(1) Henry Walter – Handbuch Führung: Erfolgreiches Management in der Praxis, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 121 , ISBN 978-3-658-00355-1.

(2) Bernhard Rosenberger – Modernes Personalmanagement: Strategisch – operativ – 8systemisch, Springer-Gabler, Mannheim, S. 30 | ISBN 978-3-658-21195-0

(3) Robindro Ullah | Michael Witt – Praxishandbuch Recruiting: Grundlagenwissen – Prozess-Know-how – Social Recruiting, Schäffer-Poeschel, Stuttgart, S. 215,  ISBN 978-3-7910-4161-2

(4)  Robindro Ullah | Michael Witt – Praxishandbuch Recruiting: Grundlagenwissen – Prozess-Know-how – Social Recruiting, Schäffer-Poeschel, Stuttgart, S. 216-219,  ISBN 978-3-7910-4161-2

Literatur

  1. Hell, Silke: Assessment Center. Souverän agieren – gekonnt überzeugen. Beck-Wirtschaftsberater im dtv. München 2019 (4. Auflage).

Bildquelle: Pixabay

Porträtfoto von der Journalistin Carolin Fischer

Carolin Fischer ist Gründerin des Online-Magazins Karriere NOW, selbstständige Journalistin und spezialisiert auf die Themen Karriere, Softskills, Selbstmanagement und Business. Zuvor hat die Kommunikationsexpertin bei der Süddeutschen Zeitung in München gearbeitet und für ein Politmagazin des ZDFs.

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