Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland erreicht im ersten Halbjahr 2025 den höchsten Stand seit zehn Jahren. Besonders der Mittelstand und die Automobilzulieferer geraten unter Druck. Auch Privatinsolvenzen steigen weiter.
Unternehmensinsolvenzen steigen um 9,4 Prozent
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2025 deutlich gestiegen. Laut der aktuellen Insolvenzstudie der Creditreform Wirtschaftsforschung wurden 11.900 Unternehmensinsolvenzen registriert. Das entspricht einem Anstieg von 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit erreicht die Zahl der Insolvenzen ein Zehnjahreshoch.
Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, erklärt: „Trotz einiger Hoffnungssignale steckt Deutschland weiter in einer tiefgreifenden Wirtschafts- und Strukturkrise. Unternehmen kämpfen mit schwacher Nachfrage, steigenden Kosten und anhaltender Unsicherheit.
Hohe Schäden für Gläubiger und Arbeitsplatzverluste
Die wirtschaftlichen Folgen sind erheblich. Laut Creditreform belaufen sich die geschätzten Forderungsausfälle aus Unternehmensinsolvenzen auf rund 33,4 Milliarden Euro. Pro Insolvenzfall bedeutet das durchschnittliche Schäden von rund 2,8 Millionen Euro. Auch die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze stieg um 6 Prozent auf rund 141.000.
Prominente Beispiele für aktuelle Großinsolvenzen sind der Pflegeheimbetreiber Argentum Pflege und die Haushaltswarenkette KODi Diskontläden GmbH – beide mit jeweils mehr als 2.000 Beschäftigten.
Mittelstand und größere Unternehmen zunehmend betroffen
Besonders auffällig ist der Anstieg der Insolvenzen im Mittelstand. In der Größenklasse von 51 bis 250 Beschäftigten nahmen die Insolvenzen um 16,7 Prozent zu. Auch bei größeren Unternehmen mit einem Umsatz ab 5 Millionen Euro ist die Zahl der Insolvenzen deutlich höher als noch vor der Corona-Krise.
Creditreform sieht hierin auch eine Folge der aktuellen Ausrichtung des deutschen Insolvenzrechts. „Diese Entwicklung ist auch auf die modernen Möglichkeiten des deutschen Insolvenzrechts zurückzuführen, das stark auf die Sanierung krisenhafter Unternehmen ausgerichtet ist“, so Hantzsch.
Branchentrends: Verarbeitendes Gewerbe und Handel besonders belastet
Branchenspezifisch ist vor allem das Verarbeitende Gewerbe stark betroffen. Hier stieg die Zahl der Insolvenzen um 17,5 Prozent. Auch der Handel verzeichnete ein deutliches Plus von 13,8 Prozent. Ursachen sind laut Creditreform eine anhaltend schwache Nachfrage und der zunehmende Wettbewerb im Online-Handel. Im Baugewerbe fiel der Anstieg mit 1,7 Prozent vergleichsweise moderat aus.
Der Dienstleistungssektor bleibt mit fast 7.000 Fällen weiterhin der größte Verursacher von Insolvenzen und macht rund 58,5 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen aus.

Rückgang bei jungen Unternehmen
Der Anteil von jungen Unternehmen (bis 4 Jahre alt) am Insolvenzgeschehen ist weiter rückläufig. Er liegt mit 21,3 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit 2021. Ursache hierfür ist vor allem die sinkende Zahl an Unternehmensgründungen in Deutschland. Der größte Anteil der Insolvenzen entfällt auf ältere Unternehmen mit mehr als zehn Jahren Bestand – sie stellen rund 42 Prozent der Fälle.
Zulieferindustrie unter hohem Druck
Ein besonderer Fokus der Studie liegt auf der Situation der Automobilzulieferer. Seit 2020 wurden in diesem Segment bundesweit 155 Insolvenzen registriert, 19 davon allein im laufenden Jahr 2025. Betroffen sind rund 43.000 Beschäftigte.
Die Branche leidet unter steigenden Energie- und Rohstoffkosten, Finanzierungsengpässen sowie der schleppenden Transformation in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung. „Die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Automobilzulieferer hängt maßgeblich davon ab, wie erfolgreich der Transformationsprozess hin zur Elektromobilität und Digitalisierung bewältigt wird“, erklärt Hantzsch.
Privatinsolvenzen ebenfalls im Aufwärtstrend
Neben den Unternehmensinsolvenzen verzeichnet Creditreform auch bei den Verbraucherinsolvenzen einen Anstieg. Im ersten Halbjahr 2025 wurden rund 37.700 Fälle gemeldet – ein Plus von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ursachen sind vor allem die gestiegenen Lebenshaltungskosten und Arbeitsplatzverluste.
Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen.
Bildquelle: timmossholder / unsplash